Kanarisches Spinnfischen Reloaded


Mark de Koning28.01.2018


Angespornt vor allem durch japanische Youtube-Videos habe ich im letzten Familienurlaub etwas Neues ausprobiert und gleich Feuer gefangen: Die Rede ist vom Shore Jigging.

Meine Güte, schon wieder so ein englisches Fremdwort, kann der sich denn nicht normal ausdrücken? Doch er kann: Man könnte diese Methode auch als Pilken vom Ufer aus bezeichnen, da zum einen als Köder kleinere Pilker zum Einsatz kommen und jene zum anderen oft auch wie beim klassischen Pilken geführt werden.

1. Erste Schritte

Nach langer Abstinenz war ich mit meiner Familie Anfang 2018 mal wieder auf den Kanarischen Inseln. Der erste Urlaubstag wurde zum Auspacken der Koffer sowie zum Sondieren des Hotels und der Umgebung genutzt. Natürlich wanderten meine Augen immer wieder in freudiger Erwartung zum Meer. Neben vielen Badegästen sah ich dort auch den einen oder anderen Angler, der mit natürlichen Ködern versuchte, Meeräschen und Meerbrassen zu fangen.

Am zweiten Morgen war es dann soweit: Noch im Dunkeln und deutlich vor Eröffnung des Frühstückbuffets bin ich zur nächsten Hafenmole gelaufen und auf ihre Außenseite geklettert. Die Wurfweite war angesichts des verwendeten 30g Pilkers richtig gut. Nach dem Absinken holte ich ihn zügig ein, ließ ihn aber jeweils nach ein paar Kurbelumdrehungen frei absinken und pilkte dann in diesen Absinkphasen oft noch nach. Die Köderführung kann bei dieser Methode stark variiert werden. Schon nach wenigen Würfen gab es die ersten Fehlbisse. Ich konnte in kurzer Zeit acht Eidechsenfische landen, die sich die den Pilker gierig einverleibten.

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Auch ein heringsartiger Fisch, den ich dort gar nicht erwartet hatte, konnte dem Pilker nicht widerstehen!

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Zufrieden mit mir und der Welt kehrte ich nach ca. 1,5h Angelzeit zu meiner Familie zurück um den Tag weiter mit ihr zu genießen.

2. Ein Knaller

An anderen Stellen gab es in der Morgendämmerung ähnlich kurzweilige Erfahrungen, bis meine Frau eines Tages warum auch immer auf die Idee kam, mich mal in der prallen Mittagssonne zum Angeln zu schicken.

Ich kletterte auf die Aussenkante einer nahe gelegenen Mole, die den dahinter liegenden Strand schützte, machte mir aber irgendwie keine besonderen Hoffnungen: Das Wasser war sehr klar, die Sonne stand hoch und hinter der Mole schien die halbe Welt zu baden. Angler waren weit und breit nicht zu sehen. Ich zog aber mein Ding durch und "pilkte" einfach los. Im Gegensatz zum Angeln am Morgen kam und kam kein Biss. Nach etwa 1,5h Angelzeit gab ich mir leicht deprimiert noch ein paar Würfe bis zum Abbrechen.

Dann passierte es plötzlich: etwa 25m vor dem Ufer gab es in einer Absinkphase des Pilkers einen leichten Schlag auf den Köder. Nach dem instinktiv ausgeführten Anhieb ging dann richtig die Post ab. Ich hatte zunächst keine Ahnung, was ich da am Haken hatte.

Der Fisch machte mehrere sehr rasante Fluchten und wurde im Vergleich zu unseren heimischen Räubern nur langsam müde. Für einen Barrakuda war er viel zu wild. Jene hatte ich in der Vergangeheit schon gefangen. An einem Punkt des Drills wurde es kritisch, weil eine Flucht des Fisches relativ nah an der Mole entlang führte, was wegen der scharfkantigen Steine übel hätte ausgehen können.

Nach eine gefühlt sehr langen Zeit, es waren tatsächlich aber nur etwa 5 Minuten, hatte ich den Räuber endlich im Wasser vor mir liegen. Es war ein richtig guter Blaufisch (Bluefish, Pomatomus saltatrix). Zum Glück lag mein 2m langes Gaff griffbereit, dass ich dann auch einsetzte, weil ich diesen einen Fisch unbedingt haben wollte!

Mit dem Fisch am Gaff in der einen Hand und der Rute in der anderen kletterte ich dann zitternd und glücklich wie beim allerersten Fisch wieder zurück über die Mole. An den Beinen holte ich mir dabei noch etliche Kratzer und ein Finger kam sogar in Kontakt mit dem scharfen Gebiss des Fisches. Das war aber alles total egal, denn endlich konnte ich meiner Familie einen Ausnahmefisch präsentieren, den ich auch noch mit einer für mich neuen Methode gefangen hatte! Der Blaufisch hatte eine Länge von 85cm, wiegen konnte ich ihn mangels Waage leider nicht.

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3. Gerätetipps

Der eine oder andere Leser wird vielleicht meinen Artikel gelesen haben, in dem ich für Uferangler das Spinnfischen auf den Kanarischen Inseln beschrieben habe (Link). Die dort aufgeführten Angaben zu Stellen, Gefahren, Landehilfen usw. sind weiterhin aktuell. Die Geräte-Empfehlung habe ich nun bezogen auf das Shore-Jigging etwas modifiziert bzw. präzisiert.

Bei der leichten Form des Shore Jiggings sollte eine etwa 3m lange, straffe Rute mit einem effektiven, d.h. nicht nur aufgedruckten Wurfgewicht von 20-60g oder 30-80g zum Einsatz kommen.

Die passende Rolle, selbstverständlich ein salzwassertaugliches Frontbremsmodell, hat die Größe 4000 bis 5000 und ist idealerweise mit einer guten Bremse sowie einem soliden Getriebe ausgestattet. Eine höhere Übersetzung des Rollengetriebes ist beim Shore Jigging von Vorteil, da es die notwendige, relativ schnelle Köderführung erleichtert.

Als Schnur ist eine geflochtene Schnur von 10-13kg obligatorisch. Die fehlende Dehnung der Geflochtenen erlaubt es nämlich, vorsichtige Bisse sowie Grundkontakte in großer Entfernung schnell zu registrieren und darauf zu reagieren. Ist man dabei zu spät, dann kommt es zu Fehlbissen bzw. bleibt der Köder am oft zerklüfteten Grund hängen.

In Situationen mit relativ viel Wind habe ich persönlich keine gute Erfahrung mit 8-fach geflochtenen Schnüren gemacht. Auch Premiumschnüre dieses Typs verknoten sich beim Werfen dann deutlich häufiger als eine steifere 4-fach geflochtene Schnur von guter Qualität.

Wegen der schlechten Abriebfestigkeit geflochtener Schnüre verwende ich einen ca. 0,35 bis 0,40mm dicken monofilen Schlagkopf etwa in Rutenlänge. Jener kann auch aus Fluorocarbon bestehen. Dieses Material sollte dann jedoch aufgrund der im Vergleich zu einer guten monofilen Schnur geringeren Tragkraft deutlich dicker gewählt werden. Ich persönlich benutze nicht so gerne Fluorocarbon, da es mir bei der entsprechenden Tragkraft zu steif und die Verbindung zur geflochtenen Hauptschnur (Albright, Bimini usw.) zu dick wird.

An den Schlagkopf wird dann noch ein nicht zu kurzes, dünnes Stahl- oder Wolframvorfach von ca. 15kg Tragkraft geknüpft, da es in den Gewässern um die Kanarischen Inseln genug Kandidaten gibt, die mit monofiler Schnur, aber auch mit Fluorocarbon kurzen Prozess machen.

Hinsichtlich der Köder habe ich im Rahmen meines letzten Aufenthalts auf den Kanaren die besten Erfahrungen mit weißen, silbernen und blauen Shore Jigs (Küstenpilker) der Gewichtsklasse 25 bis 40g, in Ausnahmefällen bis 60g gemacht. Diese Köder sollten am hinteren Ende einen großen Einzelhaken (je nach Form Größe 2 bis 2/0) haben. Der Haken wird so montiert, dass die Hakenspitze beim Einziehen des Köders nach oben schaut. An der vorderen Seite des Küstenpilkers wird oft ein so genannter Assist Hook montiert. Das ist eine Art Angsthaken, der meistens an einer steifen und bissfesten kurzen Vorfachschnur gebunden ist. Alternativ kann auch ein weiterer Einzelhaken verwendet werden.

Eine Auswahl fängiger Köder ist auf dem folgenden Bild dargestellt.

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4. Nachwort

Wer einmal Bekanntschaft mit den Kämpfern des Südens gemacht hat, den wird es immer wieder dorthin verschlagen und den wird es auch immer wieder in den Fingern jucken, wenn er dort eine Mole oder zugängliche Felsnase sieht!

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Ich hoffe, dass ich mit diesem Beitrag den einen oder anderen Leser dazu bewegen kann, auch in seinem Familienurlaub eine Angel mitzunehmen. Meine Worte sollen nicht nur zum Nachmachen, sondern vor allem zum Variieren und Ausprobieren animieren und inspirieren.

In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern einen schönen Urlaub und den einen oder anderen guten Fisch!


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